Der ursprüngliche Entwurf der CSDDD wurde deutlich abgeschwächt. Was sind die wesentlichen Unterschiede zum deutschen Lieferkettengesetz?
Grundsätzlich wurde die Schwelle für betroffene Unternehmen der EU-Richtlinie jetzt erheblich angehoben: von 500 auf 1.000 Beschäftigte, mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren. Nach drei Jahren greifen die Vorschriften zunächst nur für Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden, bevor sie nach vier Jahren auf Unternehmen mit 3.000 Mitarbeitenden herabgesetzt werden. Das bedeutet, dass in den kommenden Jahren mehr Unternehmen in Deutschland vom deutschen Lieferkettengesetz (LkSG) betroffen sein werden als von der EU-Version. Ein weiterer bedeutender Unterschied betrifft nach wie vor die Haftung. Gemäß deutschem Recht können Unternehmen nicht für Verstöße gegen ihre Sorgfaltspflichten haftbar gemacht werden, während dies in der aktuellen EU-Version möglich ist.
Was genau müssen Unternehmen leisten, um die neuen EU-Richtlinien zu Lieferketten erfüllen zu können?
Die Unternehmen sind dazu verpflichtet, eine umfassende Analyse durchzuführen, um alle negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Umwelt und Menschenrechte in der gesamten Lieferkette aufzeigen zu können. Dabei spielen Aspekte wie Kinderarbeit, Umweltverschmutzung, Sklaverei und der Verlust der Biodiversität eine entscheidende Rolle. Nach der Identifikation dieser Auswirkungen müssen Unternehmen konkrete Maßnahmen ergreifen, um diese zu verhindern oder zu minimieren. Der Fokus liegt auf der Bewertung von möglichen Einflüssen, gefolgt von gezielten Maßnahmen zur Vorbeugung, Milderung und Beendigung der festgestellten Auswirkungen. Insbesondere im Umweltschutz gehen die mit der CSDDD verbundenen Vorgaben deutlich über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinaus.
Sind Unternehmen sofort haftbar, wenn bei ihnen in der Lieferkette Verstöße vorhanden sind?
Die rechtliche Haftung tritt nicht unmittelbar ein, wenn Verstöße in der Lieferkette vorliegen. Allgemein gilt, dass Unternehmen zunächst die Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere eines möglichen Risikos bewerten müssen, beginnend mit der Analyse der Produktionsländer, um potenzielle Problemstellen zu identifizieren.
Wenn ein Verstoß eingetreten ist, geht es nicht darum, die Zusammenarbeit mit Lieferanten sofort zu beenden, sondern Lösungen zu erarbeiten, sei es durch Schulungen, gemeinsame Maßnahmen oder verstärkte Zusammenarbeit. Sie können beispielsweise Zusicherungen geben, die eine Liefermenge an die Umsetzung bestimmter Maßnahmen binden. Das Ziel ist eine positive Gestaltung der Zusammenarbeit.
Wann muss auch konkret umgesetzt werden, was auf dem Papier festgehalten wird?
Das Gesetz setzt keine konkreten Fristen für die Umsetzung von Maßnahmen, sondern legt eine Bemühenspflicht fest. Unternehmen müssen sich aktiv bemühen, mit Lieferanten zusammenzuarbeiten und zielführende Maßnahmen zu ergreifen. Diese Bemühungen müssen substanziell sein und dokumentiert werden. Im Falle von fehlender Kooperation kann/muss die Zusammenarbeit im Extremfall auch beendet werden.