Windkraft im Fadenkreuz: Cybersicherheit wird zur Standortfrage

Kritische Infrastruktur bietet akute Angriffsfläche

Deutschlands Energiezukunft hängt am Wind – der Windenergiesektor ist inzwischen nicht nur die größte erneuerbare Energiequelle hierzulande, sondern wird auch zum lohnenden Ziel für Cyberangriffe. Betreiber von Windparks und Windkraftanlagen bewegen sich zwischen gesetzlichen Anforderungen und realen Bedrohungen. Welche Schritte sollen sie jetzt unternehmen? Mit diesem Beitrag startet eine dreiteilige Serie zum Cybersecurity Awareness Month 2025: Im zweiten Artikel steht der EU AI Act im Fokus, im dritten Teil geht es um den BSI IT-Grundschutz als Fundament für mehr Resilienz.

Norderstedt, 1. Oktober 2025 – Windenergie ist zu einer der zentralen Säulen der deutschen Stromversorgung geworden: Im Jahr 2024 entfielen rund 60 Prozent der Stromerzeugung auf erneuerbare Energien, davon fast ein Drittel auf Windkraft. „Je wichtiger Windkraft für die Versorgungssicherheit wird, desto attraktiver wird sie auch für Angreifer“, sagt Leon von Sturm zu Vehlingen, Cyber Security Senior Consultant bei Lufthansa Industry Solutions (LHIND).

Geopolitik als Risikotreiber

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine häufen sich hybride Bedrohungen. Als im Rahmen eines russischen Hackerangriffes im März 2022 das Satellitennetzwerk KA-SAT betroffen war, ging der Fernzugriff auf Tausende Windkraftanlagen verloren – ein Millionenschaden entstand. Der Fakt, dass es sich hierbei um einen Kollateralschaden handelt, verdeutlicht abermals die Anfälligkeit der Infrastruktur deutscher Windparkbetreiber. Im gleichen Jahr vermeldeten die Deutsche Windtechnik sowie der Windturbinenhersteller Nordex weitere gezielte Angriffe auf kritische Teile ihrer Infrastruktur. Attacken auf Kommunikationsinfrastruktur und Zulieferer zeigen, dass Energieanlagen nicht isoliert betrachtet werden können. „Staatliche und kriminelle Akteure agieren professionell, testen Lieferketten, Fernzugriffe und Wartungsprozesse“, so von Sturm zu Vehlingen.

Offene Türen für Hacker

Die zunehmende Digitalisierung vergrößert die Angriffsfläche: Turbinen kommunizieren mit Netzbetreibern, Reglern und Wartungsteams – teils über öffentliche oder ungesicherte Netze. Veraltete Software und schwach geschützte Funkschnittstellen ermöglichen das Überspielen von Steuerbefehlen bis hin zur Abschaltung. Ein gezielter Angriff kann massive Störungen im Netzbetrieb auslösen.

Regulierung erhöht den Handlungsdruck

Mit NIS2 und dem neuen KRITIS-Dachgesetz steigen die Erwartungen: Gefordert sind systematisches Risiko- und Business-Continuity-Management, starke Zugriffskontrollen mit Mehrfaktor-Authentifizierung, regelmäßige Penetrationstests sowie schnelle Meldungen signifikanter Vorfälle binnen 24 Stunden. „Die Anforderungen durch NIS2 und das KRITIS-Dachgesetz sind eine notwendige Grundlage für die Resilienz unseres Energiesystems“, so von Sturm zu Vehlingen.

Was Unternehmen jetzt tun sollten

Die Windkraft ist Teil der kritischen Infrastruktur – ihre digitale Sicherheit ist strategische Pflicht. Betreiber sollten in sichere Kommunikationstechnologien investieren, Systeme härten, Verantwortlichkeiten klären und Mitarbeitende sensibilisieren. „Wer die Bedeutung der Windkraft ernst nimmt, muss auch ihre digitale Sicherheit ernst nehmen. Der Handlungsbedarf ist enorm“, sagt von Sturm zu Vehlingen.

Über Lufthansa Industry Solutions

Lufthansa Industry Solutions ist ein Dienstleistungsunternehmen für IT-Beratung und Systemintegration. Die Lufthansa-Tochter unterstützt ihre Kunden bei der digitalen Transformation ihrer Unternehmen. Die Kundenbasis umfasst sowohl Gesellschaften innerhalb des Lufthansa Konzerns als auch mehr als 300 Unternehmen in unterschiedlichen Branchen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Norderstedt beschäftigt über 3.000 Mitarbeitende an mehreren Niederlassungen in Deutschland, Albanien, der Schweiz und den USA.