Interview: Greening of IT

Mehr Effizienz und weniger Kosten mit nachhaltiger IT

IT kann einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten, das ist unbestritten. Doch wer sorgt dafür, dass IT selbst grüner wird? Die Antwort: Ein Konzept, das bereits seit längerem diskutiert wurde und sich nun endgültig auf dem Vormarsch in die Entwicklungsdesigns befindet. Die Rede ist von „Greening of IT“. Im Interview stellt Bernhard Kube, Vice President Technology Consulting, das Thema vor und gibt Tipps für den Start in eine ressourcenoptimierte und nachhaltigere IT.

Was genau ist eigentlich „Greening of IT“ – und wie unterscheidet es sich von ähnlichen Begriffen, wie „Green IT“ oder „Greening by IT“?

Kurzgesagt, ist das Ziel von Greening of IT, den Ressourceneinsatz innerhalb der IT zu reduzieren, ohne deren Leistung zu beeinträchtigen. Die IT selbst ist hier im Mittelpunkt der Optimierungsbestrebungen und soll effizienter und umweltverträglicher gestaltet werden. Ein schöner Nebeneffekt ist, insbesondere in der Cloud, dass diese Optimierung sich auch in niedrigeren Kosten niederschlägt. Das kann geschehen, indem Systemarchitektur, Design und Softwareentwicklung so optimiert werden, dass sich der Ressourcen- und Stromverbrauch auf ein Minimum reduzieren lassen. Greening by IT auf der anderen Seite beinhaltet alle digitalen Technologien, die einen Beitrag hin zu einer nachhaltigeren Welt leisten. Zum Beispiel, wenn wir durch Digitalisierung die Logistik oder den Materialverbrauch optimieren oder im Alltag digitale Dokumente statt ausgedruckter Papierstapel versenden. Beides, Greening of IT und by IT, sind Teilbereiche der Green IT. Sie beschäftigt sich ganz generell damit, wie der IT-Sektor zur mehr Nachhaltigkeit beiträgt.

Warum ist es wichtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen?

Der IT-Sektor ist inzwischen für zwei bis vier Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Insbesondere der Betrieb der Hardware, die Produktion, der Transport und die Entsorgung sorgen für diese Werte. Dabei wird der Hardware-Bedarf künftig noch weiter steigen. Gleichzeitig rechnen Expert:innen in den kommenden Jahren mit immer weniger Effizienzanstiegen bei der Hardware. Die Halbleiterindustrie kommt an ihre physikalischen Grenzen. Der angesprochene steigende Bedarf an Rechenleistung lässt sich somit schlechter kompensieren. Hinzu kommen die in jüngster Zeit verschärften Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit, etwa im Hinblick auf Regulatorik und Kundenanforderungen. Unternehmen müssen davon ausgehen, dass sich der Handlungsdruck kurz- bis mittelfristig deutlich erhöht.

"Wir müssen zwingend einen Weg finden, möglichst effizient mit bereits bestehenden Technologien umzugehen."

Bernhard Kube
Vice President Technology Consulting

Wir müssen also zwingend einen Weg finden, möglichst effizient mit bereits bestehenden Technologien umzugehen. Diese Rolle kann Greening of IT einnehmen. Bei LHIND nutzen wir Greening of IT insbesondere für die Entwicklung von Anwendungen. Wir sind deshalb von speicher- und ressourcenintensiven JAVA-Stacks auf deutlich sparsamere Softwareentwicklungsstacks umgestiegen, zum Beispiel auf Basis der Programmiersprache Go und Cloud-Native-Architektur. Damit können wir die Lebensdauer der Software erhöhen und geringere Hardwareanforderungen bei optimaler Leistung erzielen. Das schont Ressourcen und spart Kosten.

 

Angenommen, mein Unternehmen möchte sich mit nachhaltiger IT und Greening of IT beschäftigen. Wo und wie genau sollten wir starten?

Das Thema ist sehr facettenreich, die Wege bis zur Umsetzung sehr individuell. Dennoch gibt es einige Punkte, an denen sich IT-Verantwortliche orientieren können. Zunächst ist es sinnvoll, einen Status Quo zu erheben. Dazu sollte im ersten Schritt klar sein, welche Daten nach den gesetzlichen Vorgaben, wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), auch in der IT erhoben werden müssen. Ebenso sollten in dieser ersten Phase die Energieverbräuche gemessen, entsprechende Emissionen kalkuliert, der Lebenszyklus eingesetzter Software ganzheitlich betrachtet und der Reifegrad der Nachhaltigkeitsintegration in die Unternehmens-IT sowie deren Prozesse bewertet werden. Außerdem gilt es, die bestehende IT-Architektur, das eingesetzte Softwaredesign und die jeweiligen Vorgaben für die Softwareentwicklung zu überprüfen.

Sobald der Ist-Zustand festgestellt ist, geht es in die Umsetzung. Es werden Ansätze definiert, wie sich die analysierten Strukturen und Prozesse nachhaltiger gestalten lassen. Diese Ansätze sind so vielfältig, wie die Aufgaben im IT-Umfeld. Vom IT-Development über die Infrastruktur, den Einkauf und das Fortbildungskonzept gibt es Chancen. Unternehmen sollten aber immer die drei Säulen einer nachhaltigen IT im Blick haben: IT-Architektur, Softwaredesign und Softwareentwicklung. Sind diese aufeinander abgestimmt, ist man bereits ein gutes Stück weiter. Übrigens stecken in diesen Säulen auch weitere Effizienzpotenziale: Mit einer modularen IT-Architektur profitiert man zum Beispiel von einer leichteren Implementierung neuer Komponenten. Unternehmen können so schneller auf geänderte oder neue Marktanforderungen reagieren. Und auch der Weg in die Cloud kann gegenüber dem eigenen Rechenzentrum einen Effizienzschub geben.

Über Lufthansa Industry Solutions

Lufthansa Industry Solutions ist ein Dienstleistungsunternehmen für IT-Beratung und Systemintegration. Die Lufthansa-Tochter unterstützt ihre Kunden bei der digitalen Transformation ihrer Unternehmen. Die Kundenbasis umfasst sowohl Gesellschaften innerhalb des Lufthansa Konzerns als auch mehr als 300 Unternehmen in unterschiedlichen Branchen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Norderstedt beschäftigt über 2.300 Mitarbeitende an mehreren Niederlassungen in Deutschland, Albanien, der Schweiz und den USA.